„Deichkind“ und die „Dieter Thomas Kuhn-Kapelle“ sorgten für ausgelassene Partystimmung
Beim Kuhn-Konzert schwebten die Fans „Über den Wolken“ und Deichkind präsentierte „Richtig gutes Zeug“ / Hervorragende Organisationsleistung
Eine tolle Konzert-Doppelveranstaltung erlebten insgesamt 17.000 Konzertbesucher am vergangenen Freitag und Samstag auf der Ladenburger Festwiese. Die riesige Festbühne, die größte, die in Ladenburg je aufgebaut wurde, bespielten am Freitagabend die trashigen „Deichkind(er)“. Die Elektro-Punker begeisterten ihr Publikum mit einer fantastischen Bühnenshow. 7.000 Besucher waren zum Deichkind-Konzert gekommen. Am Samstag war erneut die Schlager-Ikone Dieter Thomas Kuhn auf der Festwiese zu Gast. 10.000 Sonnenblumen-Kinder der 1970/80er-Jahre waren bester Laune als die singende Föhnwelle altbekannte Hits von Udo Jürgens, Bernd Clüver, Jürgen Markus oder Christian Anders anstimmte.
Mit den Konzertverläufen war der Veranstalter des Ladenburger Konzert-Sommers, Dennis Gissel von der Hirschberger Konzert-Agentur DEMI-Promotion sehr zufrieden. Für das Deichkind-Konzert hätte er sich gerne noch einige Tausend mehr verkaufte Tickets gewünscht, aber mit dem Zuspruch der Dieter-Thomas-Kuhn-Show war Gissel sehr zufrieden. „Es wird weitergehen in der Römerstadt – das Musik-Festival in Ladenburg ist schließlich unser Baby“, gab Gissel im LAZ-Gespräch offen zu, dass die Konzerte in Ladenburg für ihn auch auf einer „emotionalen Schiene“ angesiedelt sind. Natürlich darf der wirtschaftliche Erfolg nicht zu kurz kommen, meinte der Unternehmer, der in den vergangenen Jahren oft akzeptierte, dass es gerade so null auf null aufgegangen ist. In diesem Jahr war es allerdings anders. Nach einer vierjährigen Konzertpause – Corona ließ grüßen – waren die insgesamt 17.000 Gäste wieder in bester Konzertlaune.
Wenn in eine Stadt, die derzeit knapp 13.000 Einwohner hat, 10.000 Gäste „einfallen“, dann kann dies die Infrastruktur schon mal überfordern. Das war zweifelsohne bei den Konzerten von Andreas Gabalier und von „Rosenstolz“ der Fall, als sogar jeweils über 15.000 Besucher ihre Stars auf der Festwiese feierten. Das Chaos bei der An- und Abreise war damals dementsprechend groß.
Die Gästezahlen am Freitag und Samstag wurden von den Veranstaltern und Ordnungshütern jedoch bestens gehandelt. Das befürchtete Verkehrschaos – unglücklicherweise musste die Weinheimer Straße wegen der Bushaltestellen-Erneuerung gesperrt werden – blieb zum Glück aus. Die Stadtverwaltung und die Polizei erarbeiteten ein gut funktionierendes Verkehrskonzept, sodass am Freitag und Samstag fast alles reibungslos verlief. Auch auf dem Konzertgelände selbst gab es nur wenige Probleme. Es gab ausreichend Toiletten-Anlagen und an den Essens- und Getränkeständen waren die Wartezeiten akzeptabel. Die Preise sind bei Konzerten, nicht nur was die Eintrittsgelder betrifft, inzwischen recht gesalzen. Für eine kleine Weinschorle im Plastikbecker wurden beispielsweise 7 Euro bezahlt. Gissel ergänzte zu den Eintrittspreisen, die in Ladenburg bei 65 Euro lagen, dass nach Corona die Kosten auf allen Ebenen explodiert seien. „Die Preise für das Personal, aber auch für den Bühnenaufbau sind enorm gestiegen“, verdeutlichte Gissel, dass ihm die Fixkosten großes Kopfzerbrechen machen. Er will seine Hand daher nicht ins Feuer legen, dass die „relativ günstigen Konzertpreise“, in Ladenburg zukünftig gehalten werden können.
Gut so: Kein Bier für Nazis
Unterschiedlicher konnten die Stilrichtungen der beiden Festwiesen-Konzerte in diesem Jahr nicht sein. Doch beide Vertreter unterschiedlicher Genres waren nach den Konzerten sehr zufrieden.
Beim Deichkind-Konzert auf der Festwiese wurde am Freitagabend klar: Deichkind-Konzerte sind mehr als Musik – die Punker beeindruckten auch mit einer bunten Bühnenshow. Für die Deichkind-Fans – viele davon sind ebenso schrill wie die Künstler auf der Bühne – sind die Konzerte ihrer Stars wahre Happenings.
Über die Festwiese legte sich glücksgeschwängerte Luft – die auch ein wenig nach Cannabis roch – als die Sänger MC Philipp Grütering und MC Sebastian Porky Dürre, den „Kindergeburtstag für Erwachsene“ eröffneten. Und die Hamburger Hip-Hop und Electropunks hatten auch auf der Festwiese keine Probleme eine Show – die von DJ Phono inzeniert wurde – abzuziehen, die die Fans begeisterte. Natürlich stieg das Stimmungsbarometer am höchstens als Deichkind die damals in den Charts platzierten Nummern „Remmidemmi“, „Arbeit nervt“ und „Leider geil“ anstimmte. Gas gaben die Fans zusammen mit den Idolen auf der Bühne aber auch bei „99 Bierkanister“, „Bon Voyage“ oder „Richtig gutes Zeug“.
Die Songauswahl war in der Tat eine Zeitreise durch die über 25-jährige Bühnengeschichte und natürlich mussten die Fans die Werke aus dem jüngsten 8. Album „Neues vom Dauerzustand“ nicht vermissen. Dass auch in einem „Bentley geweint wird“ zelebrierten die Elektro-Punker in Perfektion. Ihre Bühnenshow steht zu Recht für Popkunst und auch in Sachen Kostüme sind die Hauptakteure richtig kreativ. Die Avantgarde-Künstler zogen Mülltütenkostüme an, schmissen sich in Alumatten-Anzüge oder glänzten in weißen Glanzanzügen, um danach grelle Steppmäntel anzuziehen. Mit einem Hit konnten die Punker auf der Festwiese besonders punkten. Als sie die Botschaft „Kein Bier für Nazis“ anstimmten, johlten alle Besucher mit. Nazis waren beim Kindergeburtstag für Erwachsene auch auf der Ladenburger Festwiese nicht willkommen. Und dies war sicherlich die beste Nachricht auf der Ladenburger Festwiese, die von Deichkind mit Glückshormonen geflutet wurde.
„Monnfred“ braucht Kuhn-Konzerte zum Glücklichsein
Die Glückshormone der Besucher wurden auch am nächsten Tag beim Konzert von Dieter Thomas Kuhn angeregt. „Ein Jahr ist nur ein gutes Jahr, wenn ich auf einem Konzert von Dieter Thomas Kuhn war“, meinte Manfred aus Germersheim, der mit seiner „Liebsten“ Jasmin nach Ladenburg zu seinem 29. Kuhn-Konzert kam. „Du darfst mich gerne Monnfred nennen“, meinte der Vorderpfälzer, der „die Konzerte einfach braucht, um glücklich zu sein“.
Eine skurrile Geschichte erzählte Berny aus Heppenheim, der auf seinen bunten Flower-Power-Anzug aus den 80er besonders stolz ist. Gewaschen bzw. gereinigt wurde der Anzug noch nie. „Der riecht nach Kuhn-Konzerten“, lachte Berny, der die Weinschorle-Gerüche vom Frankfurt-Konzert, den Bier-Duft vom Stuttgart-Konzert und die Ketchup-Flecken vom Köln-Konzert niemals entfernen würde. In der Tat roch Bernys Konzertanzug ein wenig streng – aber die mit Blumenketten bewaffnete Fangemeinde von Dieter Thomas Kuhn akzeptiert fast alles.
Und noch einen Rekord stellten die Fans der singenden Föhnwelle in diesem Jahr auf. Sage und schreibe 24 Büstenhalter warfen die weiblichen Anbeterinnen der Schlager-Ikone auf die Bühne. BH-Werfen ist Kult bei Kuhn-Konzerten, der die Trophäen über sein Brusthaar-Toupet streichen ließ, bevor sie auf den BH-Ständer gehängt wurden. „Was der wohl mit den ganzen Büstenhaltern macht?“, fragte sich ein „Single-Kerl“, der offen zugab, dass ihm in seinem Leben noch kein einziger BH zugeworfen wurde. Wie ungerecht das Leben doch sein kann.
Zugeworfen wurde Kuhn aber nicht nur Damen-Unterbekleidung, sondern auch die Liebe seiner Fans. Die wurden auch beim 6. Kuhn-Konzert in der Römerstadt bestens unterhalten, sodass sie auch am Samstag ein Festival der Liebe erleben durfte. Kuhn und seine „Kapelle“ stimmten Ohrwürmer wie „Ich war noch niemals in New-York“, „Griechischer Wein“, „Der Junge mit der Mundharmonika“, „Über den Wolken“ oder „Ich liebe das Leben“ an und vielleicht sorgte der Jürgen Marcus-Hit „Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben“ beim „Single-Kerl“ für neues Liebesglück, der gegen eine BH-werfende Frau sicherlich nichts einzuwenden hätte.
Fotos: Sturm und Markus Weik
Autor:Axel Sturm aus Ladenburg |
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