Erste virtuelle Veranstaltung der Reihe „Im Zentrum: Gesundheit“ im Online-Format / Thema: Demenz und Kommunikation
Demenz – die richtige Kommunikation ist entscheidend
Nach Corona-bedingter Unterbrechung ist die erste Veranstaltung der Reihe „Im Zentrum: Gesundheit“ der GRN Gesundheitszentren Rhein-Neckar gGmbH am 3. November im Online-Format ausgestrahlt worden. Johanna Herrmann, Demenzbeauftragte an der GRN-Klinik Eberbach, und Susanne Herbrik, Hauswirtschaftsleiterin am GRN-Betreuungszentrum Sinsheim, gaben unter dem Vortragstitel „Kommunikation und Demenz“ einen tiefen Einblick in den von Demenz bestimmten Alltag mit seinen Kommunikationsschwierigkeiten und zeigten Lösungsmodelle, die zu einer verbesserten Verständigung beitragen können.
Das Thema ist so relevant wie nie: Die deutsche Alzheimer Gesellschaft rechnet bis zum Jahr 2050 mit drei Millionen Menschen, die an Demenz erkrankt sind. Für die derzeit in Deutschland lebenden 1,7 Millionen Patienten und deren Angehörigen stellt dies eine tägliche Herausforderung dar, da die Kommunikation mit den Erkrankten durch unterschiedlichste Faktoren nachhaltig beeinträchtigt ist.
Alltag geprägt von fortschreitender Entfremdung
Wie eine vertraute Person durch das Demenzsyndrom immer mehr zur Fremden wird, schilderte Susanne Herbrik, deren Mutter an Demenz erkrankte, in sehr bewegenden Worten. Sie zeigte auf, wie sehr die Krankheit zu einer Wesensveränderung beiträgt und dadurch die Beziehung zu dem einst vertrauten Menschen nachhaltig beeinflusst. In ihrer anschließenden Vortragspräsentation veranschaulichte die Demenzbeauftragte Johanna Herrmann zu Beginn die Faktoren, die den Umgang mit den Erkrankten so sehr erschweren. „Die Kommunikation ist bei Menschen mit Demenz gleich durch mehrere Umstände beeinträchtigt“, so die Demenzbeauftragte. „Gedächtnisverlust, Orientierungs-, Sprach- und Wahrnehmungsstörungen sind große, nur schwer zu überwindende Hürden.“
Die ehemalige Pflegerin schilderte auf eindrückliche Weise viele Situationen aus ihrem Betreuungsalltag. Patienten, die sich mit der Gabel die Haare bürsten, weil sie Gegenständen nicht mehr deren ursprüngliche Funktion zuordnen können oder die aufgrund von örtlichen Orientierungsstörungen in der eigenen Wohnung die Toilette nicht mehr finden. Das Kurzzeitgedächtnis verschlechtert sich permanent, neue Informationen können nicht mehr aufgenommen werden und es fällt den Betroffenen schwer, Gesprächen zu folgen oder aktiv daran teilzunehmen. Mit fortschreitender Erkrankung ist dann auch das Langzeitgedächtnis betroffen.
Ruhe, Sicherheit und Respekt fördern eine erfolgreiche Kommunikation
Aufgrund dieser Defizite entwickeln die Erkrankten ein umso ausgeprägtes emotionales Gespür und reagieren äußerst sensibel auf körpersprachliche Signale ihrer Mitmenschen. Herrmann: „In der Kommunikation ist es ganz entscheidend, ein Gefühl der Ruhe und Sicherheit zu vermitteln. Wir müssen die Betroffenen ernst nehmen und mit Respekt behandeln.“ Hierzu gehört vor allem, sich auf die Erlebniswelt der Demenzpatienten zu begeben und deren Realität als richtig anzuerkennen. Diskussionen, Kritik an falschem Verhalten, Vorwürfe oder gar eine direkte Konfrontation seien nicht zielführend, so die Demenzbeauftragte: „Es bringt nichts, an die Einsicht von Demenzpatienten zu appellieren, denn sie verstehen keine logischen Erklärungen mehr.“ Wichtiger sei es, seinem Gegenüber mit viel Verständnis und Empathie zu begegnen und immer im Hinterkopf zu behalten, dass es nicht an mangelndem Willen liegt, wenn Menschen mit Demenz bestimmten Aufforderungen nicht nachkommen, sondern dass sie nicht mehr wissen, welche Bewegungen dazu erforderlich sind.
Die A-A-A-Regel als Basis
Ein paar Grundregeln vereinfachen den Umgang mit Erkrankten auf jeden Fall. Die „A-A-A-Regel“ steht für Ansprechen, Ansehen und Atmen. Das bedeutet, dem Gesprächspartner ins Gesicht zu schauen, diesen konkret mit seinem Namen anzusprechen und dann Luft zu holen, um dem Gegenüber Zeit zu geben. Auch der verstärkte Einsatz von Mimik und Gestik sowie eine vertraute Sprache wie zum Beispiel der gewohnte Dialekt tragen zu einem besseren Verständnis bei. Keinesfalls solle man jedoch eine Art Babysprache verwenden. Durch leichte Berührungen am Arm oder der Schulter unter Berücksichtigung der körperlichen Distanzschranken können zusätzlich Nähe und Vertrauen geschaffen werden. Wichtig sei außerdem stets darauf zu achten, dass die verbale und non-verbale Kommunikation dasselbe ausdrücken: Die Stimme und das Gesagte muss sich auch in der Mimik und Körpersprache widerspiegeln und darf sich nicht widersprechen. Demenzpatienten würden ein unaufrichtiges Lachen schnell enttarnen und sich dann eher verschließen anstatt sich zu öffnen. Am Ende richtete die Demenzbeauftragte Herrmann einen eindringlichen Appell an die Zuhörer: „Bitte kommunizieren Sie weiter, auch wenn die Patienten im Laufe ihrer Erkrankung verstummen. Geben Sie sie nicht auf!“
Autor:Die Redaktion aus Ladenburg |
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