Wahlkommentar von Axel Sturm
Den Knall nicht gehört
LAZ-Politik-Berichterstatter Axel Sturm kommentiert das Wahlergebnis vom vergangenen Sonntag / Das gab´s noch nie: CDU verliert im Wahlkreis nach dem Landtagsmandat auch ihr Bundestagsmandat
Welch ein Desaster für die CDU. Im Bund stürzt die Union auf ihr historisch schlechtestes Wahlergebnis ab. Ein noch vor wenigen Monaten undenkbares Ergebnis von 24.1% – ein Minus von fast 9% – hat der umstrittene Kanzlerkandidat Armin Laschet eingefahren. Schallender kann eine Ohrfeige nicht sein und trotzdem meinte der größte Verlierer des Wahlabends (und fast alle Unions-Politiker), mit diesem Ergebnis einen Regierungsauftrag erhalten zu haben. Worte wie "nicht angemessen“ und sogar „unanständig" fielen im Landessender SWR wegen dieser Sichtweise. Und so paradox es klingt, Laschet und die CDU hatten sogar eine kleine Chance auch zukünftig den Kanzler der Bundesrepublik Deutschland zu stellen. Die FDP stand als möglicher Koalitionspartner nah an Laschets Seite und auch die Grünen deuteten am Wahlabend an, dass sie sich eine „Jamaika-Koalition" (schwarz-grün-gelb), durchaus vorstellen können. Die FDP und die Grünen betonen zu Recht, dass für sie die Inhalte entscheidend sind, um in eine Koalition einzutreten.
Klar ist aber auch, der eingeforderte Politikwechsel ist mit der abgestraften CDU und dem Wahlverlierer Armin Laschet ganz sicher nicht zu erreichen. FDP-Chef Christian Lindner und das grüne Spitzenduo Baerbock/Habeck, die im Bund übrigens ein stärkeres Wahlergebnis der Grünen „versemmelten", dürften spätestens am Montag nach den CDU-Medienauftritten die Erkenntnis gewonnen haben: „Laschet kann nicht Kanzler – die CDU ist heillos zerstritten“. Mit seinem unwürdigen, ja sogar arrogantem Auftreten am Montag in der Bundespressekonferenz hat sich Laschet endgültig ins Abseits gestellt. Wer sonntags vollmundig verkündigt einen Wahlauftrag erhalten zu haben und am nächsten Tag der Öffentlichkeit erklären will, diese Aussage nie gesagt zu haben, der ist einfach unglaubwürdig.
Die Union hat zu viele Fehler gemacht und die CDU-Politikerin Serap Güler fragte ihre Parteifreunde schon nach der Maaßen-Nominierung in Thüringen zu Recht: „Habt ihr den Knall nicht gehört?“.
Nein, viele in der Union haben den Knall damals nicht gehört und erst recht nicht am Wahlsonntag, als das desaströse Wahlergebnis der Union Fakt war. Laschet selbst und Unterstützer wie Wolfgang Schäuble oder Volker Bouffier zogen vielmehr den Schluss: Die Union kann auch mit diesem Wahlergebnis einen Führungsanspruch anmelden. Welch eine Fehleinschätzung. Der einzige Weg, den die Union jetzt gehen sollte, ist der Gang auf die Oppositionsbank um das Wahlergebnis demütig anzuerkennen. Laut einer Forsa-Umfrage vom Montag fordern 75% der Wahlberechtigten genau diesen Schritt ein und diese „Knall-Botschaft“ sollte in der Union endlich ernst genommen werden.
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Karl Lamers und Lothar Binding werden fehlen
[/b]Für die SPD war der Wahlsonntag ein Tag der „Wiedergeburt“. Vor vier Monaten blickten die Sozialdemokraten noch ganz tief in den Abgrund und kein Mensch setzte einen Pfifferling auf Olaf Scholz und "seine SPD". Selbst CDU-Akteure wünschten sich in verschiedenen Versammlungen in Ladenburg eine „stärkere SPD“, die für die Gesellschaft doch so wichtig sei. Karl A. Lamers, Alexander Föhr, der Stadtverbandsvorsitzende Bastian Schneider, aber auch die Senioren-Unions-Vorsitzende Schmitz-Rixen sprachen den Genossen sogar ihr Mitleid aus. Was gibt es Schlimmeres für eine Partei als Mitleid von der Konkurrenz zu hören? Diese Höchststrafe musste die SPD lange Zeit ertragen.
Doch die Unionsanhänger hatten die Rechnung ohne den Wirt Olaf Scholz gemacht. Die SPD, als Kanzlerpartei noch vor drei Monaten von der CDU/CSU milde belächelt, setzte zum Höhenflug an. Wie der Umschwung kommen konnte, wissen die meisten Genossen selbst nicht so genau. Die Besetzung der richtigen Themen, das geschlossene Auftreten der SPD und natürlich die Person Olaf Scholz sind nur einige Gründe, warum die Aufholjagd gelingen konnte. Doch sie profitierte auch von den Fehlern Laschets. Mit dem wohl peinlichsten Lacher in der Nachkriegsgeschichte durch den Kanzlerkandidaten der CDU war es mit der CDU-Herrlichkeit vorbei. Die CDU und Laschet stürzten im Bund und im Land in einem noch nie da gewesenen Ausmaß ab.
Auch für Ladenburg ist das Unions-Ergebnis ein schwerer Schlag. Für die Bürgermeister im Wahlkreis ist es immer wichtig, möglichst viele verlässliche Abgeordnete als Ansprechpartner zu haben, um anstehende Probleme auch mal auf dem kleinen Dienstweg zu besprechen. Neben dem Direktkandidaten hatte der hiesige Wahlkreis immer mehrere Abgeordnete, die über die Landesliste in den Land- oder Bundestag einzogen.
Die CDU war immer eine feste Größe und mit zwei Landtags- und Bundestagsmandatsträgern im Wahlkreis vertreten. Nach der Bundestagswahl muss man nun auch hier von einer historischen Niederlage der CDU sprechen, denn weder Julia Philippi im Land noch Alexander Föhr auf der Bundesebene schafften einen Mandatsgewinn.
Bürgermeister Stefan Schmutz hat nach der Wahl am Sonntag mit Franziska Brantner (Grüne) nur noch eine Ansprechpartnerin, um sich über Zuschüsse, Gesetzeslagen oder Förderprogramme direkt mit einem Mandatsträger aus dem Wahlkreis auszutauschen. In der letzten Wahlperiode gab es mit Lothar Binding (SPD) und Karl A. Lamers (CDU) weitere, verlässliche und wichtige Gesprächspartner.
Was bedeutet dies für Franziska Brantner? Für die Grünen-Abgeordnete spielten Wahlkreisbesuche bisher kaum eine Rolle und so war sie in der Vergangenheit nur gelegentlich in Ladenburg zu sehen. Es ist zu befürchten, dass sich diese Tendenz in der kommenden Legislaturperiode eher noch verschlechtern wird. Brantner traut man nämlich „höhere Aufgaben“ zu, so dass sie für Wahlkreis-Besuche noch weniger Zeit haben dürfte. Dies wäre keine gute Botschaft – denn Ladenburg und die anderen Wahlkreiskommunen haben eine angemessene Beachtung verdient.
Axel Sturm
Autor:Axel Sturm aus Ladenburg |
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