Die LAZ ging mit zwei E-Mobilfahrern auf Stippvisite / Chancen zur Bordsteinabsenkung bleiben oft ungenutzt / Es gibt auch Positivbeispiele
Die Absenkung der Bordsteine sollte eigentlich Standard sein
Auch in Ladenburg nimmt die Anzahl der Besitzer von Elektromobilen ständig zu. Die Qualität der vierrädrigen Mobile, die zwischen 2.000 und 3.500 Euro in der gehobenen Ausstattung kosten, sorgt bei behinderten Menschen ein Stück weit für mobile Unabhängigkeit. Die Besitzer von Elektromobilen haben es in Ladenburg allerdings besonders schwer. Trotz guter Federungsmaßnahmen an den Fahrzeugen sei eine Fahrt über das Ladenburger Kopfsteinpflaster alles andere als ein Vergnügen. Manche Straßenabschnitte in der Altstadt sind für E-Mobilfahrer, Rollstuhlfahrer oder Menschen mit Rollator sogar unbefahrbar, erzählten die beiden Ex-Stadträte Helmut Kinzig und Hermann Gärtner. Mit den beiden gehbehinderten Mitbürgern traf sich die LAZ, um über die barrierefreien Straßen zu reden. Fakt ist, in Ladenburg gibt es zahlreiche Schwachstellen.
Beinahe hätte Helmut Kinzig, der viele Jahre für die CDU am Ratstisch saß, den Termin am Freitagabend nicht wahrnehmen können. Er wohnt nach dem Umzug von der Weststadt in die Innenstadt mit seiner Frau in der Lopodunumstraße und weil ein Auto wieder einmal direkt vor seiner neuen Adresse parkte, kam er mit seinem Mobil nur mit großen Schwierigkeiten aus der Einfahrt heraus. Auf dem Gehweg zu fahren, was die legale und sicherste Variante ist, sei aus mehreren Gründen „fast unmöglich“. Viele Autos verengen die Gehwege, so dass die ein Meter breiten Fahrzeuge schlichtweg zu wenig Platz haben. „Auf der Straße zu fahren ist unangenehm und teilweise gefährlich“, sind sich die beiden Ex-Stadträte einig. Rücksichtslose Autofahrer fahren oft knapp an den Behinderten-Verkehrsteilnehmern vorbei, manche hupen auch noch, weil sie sich wegen der langsamfahrenden Behindertenfahrzeuge gestört fühlen. Daher nutzen beide Gesprächspartner lieber aus Sicherheitsgründen die Gehwege.
Zunächst sprechen sie aber über die Situation der Fahrbahnen in der Altstadt. Als ehemalige Entscheidungsträger am Ratstisch wissen sie, dass der Charme der Altstadt auch mit der Verlegung des Kopfsteinpflasters zusammenhängt. Es gibt aber ganz unterschiedliche Verlegungsarten und Pflastervarianten. Beide räumen ein, dass sie ihr Meinungsbild, seit sie auf ihre Elektromobile angewiesen sind, verändert haben. „Heute sehen wir die Probleme aus Sicht von behinderten Menschen – früher standen die Argumente der Geschichtsbewahrer im Vordergrund“, sagte Hermann Gärtner und Kinzig ergänzte, dass ihm das unebene Straßenpflaster aber schon immer ein Dorn im Auge war. Es gäbe behindertenfreundliches Pflaster, wie beispielsweise in der Kirchenstraße aber auch Altstadtpassagen, wie die Wormser Straße, die man mit Elektromobilien besser umfährt.
Was die beiden aber besonders ärgert, sind die baulichen Sünden, die im Sinne der behinderten Menschen eigentlich beseitigt werden sollten. Gärtner und Kinzig sehen ein, dass eine barrierefreie Straßenumgestaltung nicht von heute auf morgen umgesetzt werden kann. Aber wenn Gehwege erneuert werden oder Straßenarbeiten wegen Rohrverlegungen stattfinden, wäre es doch ein Einfaches, die Absenkung der Bordsteine und Straßenauffahrten gleich mitzumachen. Dies hatte Bürgermeister Schmutz auch mehrfach zugesichert. Immer wieder hat Gärtner den Bürgermeister auf Schwachstellen hingewiesen. Als der Stadtrat kürzlich eine Aussage von Schmutz hörte, dass die Absenkungsarbeiten abgeschlossen sein sollen, war der Sozialdemokrat sehr verwundert.
Mit einem Schlag im Rücken werden die Hindernisse überwunden
Mit Gärtner und Kinzig fuhr die LAZ in die beiden Neubaugebiete Nordstadt und in die Martinshöfe. „Ich kann nicht nachvollziehen, dass man an dieser Einfahrt einen so hohen Bordstein setzen muss. Es tut einen regelrechten Schlag im Rücken, wenn man mit dem Mobil in die Nordstadt fährt“, zeigt Gärtner am Kurzgewann, was das Problem der Elektromobilnutzer ist. Gärtner fährt langsam auf den hohen Bordstein zu und es wird ersichtlich, dass zwei Räder seines E-Mobils in der Luft hängen. In der Tat macht es einen Schlag als Kinzig und Gärtner die Geschwindigkeit steigern um die Barriere zu überwinden. „Genau das meine ich – hier hätte man doch den Gehweg ohne großen Aufwand auf Straßenniveau absenken können“, meinte Gärtner.
In der Nordstadt selbst gibt es aber auch Positivbeispiele. „Genau so muss es sein – man kann hier problemlos auf die Straße fahren“, zeigen die beiden Fahrer einige Stellen, „wo einfach mitgedacht wurde“. Warum allerdings eine Straßenlaterne eine der Auffahrten unnötig verengt, das erschließt sich den beiden Behinderten nicht. Hätte man die Laterne zwei Meter nach links oder rechts versetzt, wäre alles gut, sagten die beiden Rundgangsteilnehmer.
Auch an den Martinshöfen gibt es Unüberlegtheiten. Um den Platzcharakter am Friedhof zu betonen, wurde das Höhenniveau des Platzes angehoben. An die Schwierigkeiten für Rollstuhlfahrer und Elektromobil-Nutzer haben die Auftraggeber von der Stadt Ladenburg allerdings nicht gedacht. „Der Bereich ist erst seit ein paar Monaten fertig. Eigentlich müssten jetzt umgehend die Baumaschinen anfahren um diesen Blödsinn zu beseitigen“, schimpft Gärtner, der auch diese Fehlplanung dem Bauamt und dem Bürgermeister mitgeteilt hat. „Mir wurde oft versprochen, dass die Anliegen berücksichtigt werden. Passiert ist leider viel zu wenig“, meinte Gärtner.
Gärtner schrieb erst Anfang Oktober einen Brief an den Bürgermeister, um seine Anliegen erneut vorzutragen. Zufrieden stellte die Antwort von Schmutz den Ex-Stadtrat nicht. Die Straßenabsenkung im Quartier Martinshöfe sei abgeschlossen, schrieb Schmutz. Immerhin kündigte der Bürgermeister an, dass die Absenkung an der Kurzgewannstraße in Auftrag gegeben wurde. Zwar bemängelt Gärtner die unnötigen Kosten, aber im Sinne der Behinderten sei dieser Schritt absolut notwendig. Gärtner meinte, dass er als Bürger ernst genommen werden will und daher wird er die Schwachstellenbeseitigung weiter einfordern. „Da geben wir keine Ruhe“, unterstützt ihn Helmut Kinzig, der wie Gärtner darauf hofft, dass die Barrieren auf den Straßen und Gehwegen schnell beseitigt werden.
Autor:Axel Sturm aus Ladenburg |
1 Kommentar
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.