Eine Mail, die Bürgermeister Stefan Schmutz an die Vereine schickte, sorgte am Dienstag für Diskussionen – Botschaft: Wer nicht hilft, bekommt keine Unterstützung
Ohne Mithilfe gibt's kein Rettungsgeld

 Altstadtfest-Fähnchen erhalten Altstadtfestfans in diesem Jahr nur aus der Rettungsbox.
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  • Altstadtfest-Fähnchen erhalten Altstadtfestfans in diesem Jahr nur aus der Rettungsbox.
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Am Dienstag versendete die Stadtverwaltung Ladenburg an alle am Altstadtfest teilnehmenden Vereine eine Art „Brand-Mail“. Es ging um die Verteilung der Altstadtfest-Rettungsboxen. Aus dem Erlös, der von Bürgermeister Stefan Schmutz initiierten Hilfsaktion sollten die Vereine unterstützt werden, weil das Altstadtfest am 2. September-Wochenende in diesem Jahr abgesagt wurde. Alle 35 Vereine, die sich beim Altstadtfest in den vergangenen Jahren engagiert hatten, sollten von der Aktion profitieren.

Statt auf den Altstadtgassen zu feiern, sollten die Ladenburgerinnen und Ladenburger fröhlich zuhause feiern, so die Idee von Schmutz, der den „Feier-Biestern“ unterschiedliche „Rettungsboxen “ in verschiedenen Preisklassen anbot. Mittlerweile seien über 1300 Boxen verkauft, die neben den beliebten Altstadtfestfähnchen auch ein Minifässchen Lobdengau-Bier, gebrannte Mandeln und Altstadtfest-Trinkbecher beinhalten.
Die Verteilung der Boxen bereitet nun offensichtlich Schwierigkeiten. Auswärtige Käufer sollten die Rettungsbox zugeschickt bekommen, aber weil die Pakete zu schwer und damit zu teuer beim Porto sind, werden jetzt Gutscheine in die Rettungsbox gelegt. Bürgermeister Schmutz hatte große Hoffnungen, dass bei der Verteilung der Boxen die Ladenburger Vereine, die von der Aktion profitieren werden, als „Paketzusteller“ dabei sein werden. Übrigens auch Schmutz wird bei der Verteilung aktiv dabei sein, sagte Schmutz der LAZ vor einigen Tagen. Schon damals wirkte er im LAZ-Gespräch nicht sonderlich euphorisch. Die geäußerte Kritik wegen der Aktion gefällt dem Bürgermeister nicht.

Noch weniger dürfte dem Bürgermeister gefallen haben, dass sich offensichtlich die Bereitschaft der Vereine in Grenzen hält an der Verteilungsaktion mitzuwirken. „Das Projekt befindet sich in der heißen Phase und wir brauchen ihre Unterstützung. Eine erste Abfrage kam jedoch zum Ergebnis, dass nur zwei der 35 Vereine sich zurückgemeldet haben“, schreibt der Bürgermeister. Klar ist für ihn nun, nur Vereine, die sich an der Verteilung aktiv beteiligen, auch mit den Spendenerlösen rechnen können. Im Klartext heißt dies, wer beim Austragen der Boxen nicht hilft – erhält auch keine „Kohle“.

Die LAZ fragte bei einigen Vereinsvorsitzenden nach und es kristallisierte sich schnell heraus, dass die Botschaft des Bürgermeisters nicht gut ankommt. Es war sogar von „erpresserischen Zügen“ die Rede. Auffallend war, dass nicht wenige Gesprächspartner darum baten, ihren Namen nicht in der Zeitung lesen zu müssen. Sie befürchteten negative Konsequenzen.

Statt Verteilung Selbstabholung

So verstand ein Vereinsvertreter „das ganze Theater nicht“. Er hätte sich eine praktische Lösung gewünscht, die seiner Meinung nach einfach umzusetzen gewesen wäre. Auf der Festwiese hätte man „Verteiler-Tische“ mit den Box-Utensilelen aufstellen können und die Käufer der Rettungsboxen hätten dort ihre Box selbst abholen können. „Warum muss man die Box ins Haus liefern?“, fragt sich dieser Vereinsfunktionär.
Nicht gut an kommt die Mail auch bei der Vorsitzenden des AWO-Ortsvereins Liesl Voermann. „Soll ich mit meinen Seniorentruppen auch noch Pakete austragen?“, sagte die Vorsitzende, die der Rettungsbox-Aktion von Anfang an skeptisch gegenüber stand. Sie findet die Aktion nicht gut durchdacht. Für die AWO sei es schon immer wichtig gewesen, das Altstadtfest als Präsentationsforum zu nutzen. In der Löwenscheuer sollten die Besucher der AWO ausspannen. „Finanzielle Gewinne haben wir selten gemacht“, sagte Voermann, die es daher auch verschmerzen könnte, wenn die AWO von der Rettungsbox-Aktion nicht profitieren würde.
Der Vorsitzende des FV03 Thomas Thieme kann den Hilferuf der Stadt verstehen. Nicht allerdings die unprofessionelle Vorarbeit. Er hätte schon erwartet, dass er den Helfern seines Vereins klare Termine mitteilen kann. Einige wollten sich sogar Urlaub nehmen – aber es kam nichts aus der Verwaltung. „Die Kommunikation ist verbesserungswürdig“, meinte Thieme, der den Verein seit über 25 Jahren führt.

In Rage redete sich der Vorsitzende des Budo-Klubs Rhein-Neckar Richard Seipp. „Wie mit uns umgegangen wird ist eine Frechheit“, schimpfte Seipp, der schon gar keine Lust mehr hat im Rathaus anzurufen. "Die zuständigen Stellen sind persönlich beleidigt, wenn kritisch hinterfragt wird“, sagte Seipp der LAZ. Die schwierige Kommunikation mit dem Rathaus sei nicht mehr akzeptabel. Seipp ist daher froh, dass es zwischen den Vereinen und dem Bürgermeister Gespräche am 2. September geben wird. „Es wird höchste Zeit, dass man miteinander redet“, findet der Budo-Klub Vorsitzende, der nicht verstehen kann, dass die beiden Damen nicht einmal wussten, dass der Budo-Club ein Verein ist, der sich schon seit Jahren am Altstadtfest beteiligt. Seipp kündigte an, dass sein Verein selbstverständlich mithelfen werde, die Rettungsboxen zu verteilen. Die Verteil-Aktion sei aber „dilettantisch“ vorbereit worden.

Die Vorsitzende der Ladenburger Sportvereinigung (LSV) sah die Mail als „Aufweckschreiben“. „Arg kurzfristig“ kam das Schreiben schon, aber sie ist sich sicher, dass genügend LSV-Helfer die Aktion unterstützen werden. Auch Klodt ist über die Passage gestolpert, „wer nicht hilft bekommt nichts“, aber auf die Hilfe der LSV könne sich die Stadt sowieso verlassen.

 Altstadtfest-Fähnchen erhalten Altstadtfestfans in diesem Jahr nur aus der Rettungsbox.
Wer verteilt die Rettungsboxen?
Autor:

Axel Sturm aus Ladenburg

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