Pinguin-Gruppe trifft auf Pelikan
Der Kettensäge-Künstler Jochen Liebrich verschönert in Ladenburg die Spazierwege am Grünen Ring –Tier-Rate-Pfad des Heimatbundes kommt bei den Kindern gut an
Als im Jahr 2016 die ersten geschnitzten Baumstumpf-Tiere in Ladenburg zu sehen waren, fragte sich die ganze Stadt: Wer ist für diese nette Verschönerung eigentlich verantwortlich? Rund zwei Jahre blieb der Name des Kettensägen-Künstlers Jochen Liebrich ein Geheimnis – dann „outete“ sich der in Ladenburg wohnende „Ruhrpottler“ dann doch und wagte den Schritt in die Öffentlichkeit. Mittlerweile ist der in Essen aufgewachsene „Ladenburger Mann mit der Kettensäge“ ein bekannter Zeitgenosse, denn neben seiner Tätigkeit an der Kettensäge ist Liebrich beim Heimatbund, bei den Triathleten der LSV und in der Waldpark-Initiative aktiv. Seine Frau Karola, die den Garango-Verein führt, nannte ihren Mann spaßig „Guerilla-Kettensäger“, weil er sich damals nicht zu erkennen gab.
Doch die Guerilla-Zeiten sind längst vorbei. „Ich dachte damals, das kommt nicht gut an, wenn ein Mann mit der Kettensäge durch Ladenburg spaziert und sich ungefragt an Baumstumpfen zu schaffen macht“, sagte Liebrich beim Treffen mit der LAZ. Wie man sich doch täuschen kann !! Liebrich erhielt nämlich einen ausgesprochen netten Zuspruch, denn die von ihm geschnitzten Schildschildkröten, Eichhörnchen oder Biber wurden nicht nur von den Kindern ins Herz geschlossen. Beim LAZ-Termin am Eingang des Waldparks, wo Liebrich gerade sein Katzen-Igel-Kunstwerk fertigstellte, wurde er von einem Knirps gefragt, ob er auch irgendwann mal einen Elefanten schnitzen kann. Solche Begegnungen freuen den Ladenburger natürlich besonders, zumal der Kleine ein Teilnehmer am Tier-Rate-Pfad des Heimatbundes war. Kinder, die Abwechslung wünschen, werden aufgefordert, die im Grünen Ring Ladenburgs versteckten acht Tiere zu finden, um dann die Lösung in ein Formular einzutragen. Die Aktion kommt gut an.
Der Tier-Rate-Pfad wird immer mal wieder verändert. Besonders hübsch ist die neue Pinguingruppe, die dieser Tage von Liebrich am Rande der Fährwiese fertiggestellt wurde. Zufrieden ist der Künstler auch mit dem Pelikan, der auf den Waldpark-Teich schaut. Wegfliegen und nach Fischen schnappen kann das Holzkunstwerk natürlich nicht. Das steht am Rande des Reinhold-Schulz-Waldparks, wo es derzeit viele bewundernde Blicke auf sich zieht.
Das Arbeiten mit Holz gibt Zufriedenheit
Wie kommt man eigentlich auf die Idee, mit einer Kettensäge Kunstwerke zu gestalten, wollte die LAZ beim gemeinsamen Rundgang wissen. „Ich habe mich schon immer für Holzarbeiten interessiert“, erzählt der Künstler, der sogar beinahe eine Schreinerlehre begonnen hätte. Seine Eltern redeten ihm aber erfolgreich ins Gewissen, dass es doch besser wäre, wenn er einen kaufmännischen Beruf ergreifen würde. Als IT-Berater war Liebrich später sehr erfolgreich – seine Leidenschaft gehörte aber der Holzverarbeitung. Er baute und restaurierte Möbel – unter anderem für seine spätere Frau Karola – und natürlich stehen viele selbstgebaute Möbelstücke in der traumhaft schönen Altstadtwohnung.
Mittlerweile ist der Kettensägen-Künstler aus Ladenburg eine bekannte Persönlichkeit. Sein Hobby hat er zum Beruf gemacht und über die Auftragslage kann er sich nicht beklagen. Jüngst gestaltete er für die Stadt Mannheim den Bärenspielplatz in Suebenheim und auch die Stadt Ladenburg weiß die Fähigkeiten ihres kreativen Mitbürgers zu schätzen. Die Kunstwerke an den neuen Grabfeldern des städtischen Friedhofes sind echte „Hingucker“. Vor dem Tennisplatz hat Liebrich eine „Tennis-Göttin“ geschaffen, die zum Glücksbringer des Vereins geworden ist. Auch Privatkunden sprechen Liebrich immer öfter an, wenn ein Baum in deren Garten gefällt wird. Interessierte Gartenbesitzer fragen dann an, ob der Baumstumpf nicht künstlerisch bearbeitet werden kann. Auch der städtische Bauhof denkt vorausschauend mit.
Wenn ein Baum im öffentlichen Raum gefällt werden muss, wird bewusst ein größerer Baumstumpf stehen gelassen, denn die Bauhofmitarbeiter wissen, dass der Kettensägekünstler wohl Interesse haben wird. In den nächsten Tagen beginnt Liebrich den Parkplatz der Baumschule Huben zu verschönern. Ihm geht die Arbeit also nicht aus, so dass er als freischaffender Künstler, nicht verhungern muss. Er hat übrigens für seine Tätigkeit höhere Auslagen, die refinanziert werden müssen. Er nimmt aus Umwelt- und Gesundheitsgründen ein extrem teures Spezialbenzin und Bio-Öl für seine Kettensäge, die er fast so gut „pflegt“ wie seine eigene Frau. Liebrich ist ein optimistischer, freundlicher und lebenslustiger Mensch. Jüngst verging ihm allerdings die gute Laune, denn unbekannte Täter wollten doch tatsächlich die Ladenburg-Robbe am Neckarufer stehlen. In Anlehnung an die Meerjungfrau von Kopenhagen gestaltete Liebrich eine Robbe und setzte sie auf einen Steinsockel ans Neckarufer. Es gelang den Tätern zum Glück nicht, das Kunstwerk zu entwenden. Beschädigt wurde es allerdings. Nach der Reparatur will Liebrich die Ladenburger Robbe wieder ans Neckarufer setzen. Solch negative Erfahrungen seien zum Glück aber die Ausnahme, erzählt der Künstler. Weil sich viele Holzinteressierte für seine Tätigkeit interessieren, gibt Liebrich demnächst einen Kettensägen-Schnitzkurs im Glashaus am Waldpark, für den die Nachfrage jetzt schon hoch ist.
Und gibt es eine Lieblingsfigur für den Künstler, die er in Ladenburg gestaltet hat? „Eigentlich nicht aber der Pelikan und die Pinguingruppe sind sehr gut gelungen“, sagt Liebrich, der den Wusch des kleines Jungen im Kopf behalten will. Einen Elefanten zu gestalten, das wäre auch für Liebrich eine echt große Herausforderung.
Info: "Der Tier-Rate-Pfad ist auf der Homepage des Heimatbunds unter www.heimatbund-ladenburg.de im Bereich Stadtführungen zum Download verfügbar.
Kontakt zum Künstler kann über seinen Instagram Account @jolirot aufgenommen werden.
Der Kurs "Schnitzen mit der Kettensäge" soll am Wochenende 26./27.8. im Waldpark stattfinden. Anmeldung ist über www.glashaus-ladenburg.de möglich.
Autor:Axel Sturm aus Ladenburg |
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