Eine in einem Lager der Ladenburger Firma Total vergessene Glocke erhält in der Glockenstadt Apolda ein neues „Glocken-Leben“ / Jürgen Joseph hatte die Idee
Waldemar-Foerstner-Geburtstagsglocke läutet bald im Glocken-Museum Apolda

Total-Firmenchef Jürgen Joseph (links) hatte eine gute Idee. Die Geburtstagsglocke des Firmengründers Waldemar Foerstner soll zukünftig im Glocken-Museum Apolda läuten. Glockentechniker Friedemann Szymanowski ist mit dem Zustand der Glocke zufrieden.
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  • Total-Firmenchef Jürgen Joseph (links) hatte eine gute Idee. Die Geburtstagsglocke des Firmengründers Waldemar Foerstner soll zukünftig im Glocken-Museum Apolda läuten. Glockentechniker Friedemann Szymanowski ist mit dem Zustand der Glocke zufrieden.
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Seit 1952 gibt es im mittelthüringischen Apolda ein Glocken-Museum, in dem rund 60 Kirchenglocken und weitere Glockenraritäten ausgestellt werden. Apolda wird auch Glockenstadt genannt, denn hier gab es schon im Mittelalter zahlreiche Glockengießereien und einige der ältesten Glocken sind im Glocken-Museum zu sehen. Dort werden auch Kuriositäten wie Handglocken, Schiffsglocken, aber auch Tierglocken ausgestellt, die übrigens von den Besuchern angefasst und angeschlagen werden dürfen.

Was hat das Glocken-Museum in Apolda nun mit Ladenburg zu tun? Die Antwort kann der Geschäftsführer der Firma Total Feuerschutz, Jürgen Joseph, geben, der mit seiner Idee eine interessante Glockengeschichte ins Rollen brachte. Ihm ist es zu verdanken, dass eine Geburtstagsglocke, die seit 1946 in Ladenburg eine neue Heimat hatte, nun als neuste Kuriosität im Glocken-Museum Apolda zu sehen sein wird.
Am vergangenen Montag holte der Glocken-Techniker Friedemann Szymanowski die "Geburtstagsglocke“ ab, um sie in die Leipziger Bronzebild-Gießerei Noack zu bringen. Dort wird die Glocke gereinigt und aufgearbeitet, um sie dann ins Glocken-Museum nach Apolda zu bringen.

Die 60 kg schwere Bronzeglocke wurde 1941 anlässlich des 50. Geburtstages des Total-Firmengründers Waldemar Foerstner in Apolda gegossen. Die Glocke ist ein Geschenk der Belegschaft, die vor dem Krieg – erst in Berlin und später in Apolda – Feuerlöscher und Löschrohre herstellte. Nach der Enteignung in der Sowjetzone floh Foerstner in den Westen, um zuerst in Mudau und kurz danach in Ladenburg ein neues Werk aufzubauen. In einem LKW wurden damals technische Zeichnungen, Patentschriften sowie technisches Material mitgenommen – sowie die Geburtstagsglocke der Mitarbeiter, die Waldemar Foerstner behütete wie seinen eigenen Augapfel. In Ladenburg wurde die Glocke am Eingangsbereich des Verwaltungsgebäudes platziert. Die Firma Total war in den 1950er bis 1980er Jahren mit der größte Arbeitgeber in Ladenburg. In den Hochzeiten arbeiteten bis zu 800 Menschen, die in Ladenburg Feuerlöscher und Spezial-Feuerlöschfahrzeuge fertigten. Heute sind noch knapp 100 Mitarbeiter am Standort Ladenburg in dem Unternehmen beschäftigt, das mittlerweile zum internationalen Konzern Johnson Controls gehört.

Mit dem Umzug verschwand die Glocke in der Versenkung

An den Glockenstandort im Verwaltungsgebäude konnte sich Jürgen Joseph noch gut erinnern. Mit dem Umzug im Jahr 1987 auf das heutige Firmengelände geriet die Glocke jedoch in Vergessenheit. Sie wurde wohl in einen Lagerbereich gebracht wo sie in der Versenkung verschwand. Öffentlich zu sehen war die Geburtstagsglocke nun nicht mehr und sie geriet in Vergessenheit.

Vor wenigen Wochen wurde der Lagerraum nun ausgeräumt und ein Mitarbeiter stieß in einem Regal auf die alte Bronzeglocke. Er informierte den Geschäftsführer und wollte wissen, was mit der alten Glocke geschehen soll. Joseph dämmerte es sofort, dass das Fundstück das Geburtstagsgeschenk der Belegschaft an den Firmengründer war. Er musste nicht lange überlegen um danach die Entscheidung zu treffen, dass die Glocke an ihrem Entstehungsort Apolda wohl am besten aufgehoben ist. Er telefonierte mit der Leitung des Glocken-Museums, die sich interessiert zeigte. Schnell wurde klar, dass die Glocke des Firmen-Gründers Waldemar Foerstners, der auch in Apolda ein wichtiger Arbeitgeber war, durchaus interessant und daher „museumsreif“ ist.

Für Experten ist es ungewöhnlich, dass im Jahr 1941 noch eine Glocke gegossen wurde. Das Metall war damals sehr gefragt um Waffen und Kriegsmaterial herzustellen. Daher wurden in der Nazizeit viele Kirchenglocken eingeschmolzen um daraus Waffen herzustellen. Auf den wenigen Glocken, die in der NS-Zeit gegossen wurden, war meist das Hakenkreuz zu sehen, was in einigen Gemeinden nach dem Krieg dazu führte, die Glocken aus dem Glockenturm zu entfernen. Das geschah übrigens nicht im pfälzischen Herxheim, wo jüngst die „Hitler-Glocke“ bundesweite Aufmerksamkeit erzielte und dort heute noch läutet.

Natürlich hat auch Joseph überprüft ob auf der Waldemar-Foerstner-Glocke das Hakenkreuz zu sehen ist. „Zum Glück nicht – das hätte gerade noch gefehlt“, sagte Joseph der LAZ, bevor die Glocke mit der Glockenaufhängung in das Transportauto eingeladen wurde. Der Glockentechniker Szymanowski ist mit dem Zustand der Geburtstags-Glocke sehr zufrieden. Natürlich sei das Material stark verschmutzt, aber Verformungen oder Risse am Gehäuse konnte er auf den ersten Blick keine ausmachen. „Bringen Sie mir die Glocke sicher nach Leipzig und dann nach Apolda“, verabschiedete Joseph am Montag den Experten. Joseph sagte abschließend, dass er sich gut vorstellen könne, dass der nächste Betriebsausflug der Belegschaft ins Glocken-Museum nach Apolda führt. „Das würde uns freuen“, sagte ein Mitarbeiter des Lagers, der die Ausflugsankündigung des Chefs nun an die große Glocke hängen will.

Autor:

Axel Sturm aus Ladenburg

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